Andreas Hetfeld erhält den Publikumspreis der OSTRALE`010
Andreas Hetfeld, der bereits im vergangenen Jahr für seine Arbeit „Raum der Sehnsucht“ mit dem Jurypreis der OSTRALE`09 geehrt wurde, erhält 2010 den Publikumspreis für seine Arbeit „Raum des Glaubens“.
Der im holländischen Nijmegen lebende, gebürtige Reutlinger verwandelte in vierwöchiger Arbeit das Tor 10 im Futterstall Ost in einen ätherisch berührenden und zugleich verstörenden Raum.
Die zweiteilige Arbeit empfängt den Besucher mit einem Meer aus 1100 weißen, betenden Händepaaren, jedes ein individueller Handabdruck unterschiedlichster Menschen, die auf dem Boden im ersten Teil des Futterstalles organisch angeordnet sind. Die betenden Hände scheinen drängend aus den historischen Futtertrögen und maroden Betonböden zu wachsen.
Behutsam tastet sich der Besucher seinen Weg durch das Händemeer und wird von einer warm beleuchteten, schwebenden Skulptur im hinteren Teil des Futterstalles angezogen. 1800 kalkweiße Kleinstteilchen bilden ein magisch schwebendes Projektil. Bei genauerer Betrachtung sind die Teilchen als scherbenartige Bruchstücke von Fingern und Handflächen zu erkennen, die an Nylonfäden im Raum schweben.
Herr Hetfeld, Herzlichen Glückwunsch zum Publikumspreis der OSTRALE`010.
Wie würden Sie den Kernimpuls Ihrer diesjährigen Arbeit beschreiben?
Mit dieser Arbeit habe ich für mich selbst im Medium Skulptur eine andere, immateriellere Form des Ausdrucks entdeckt. Gleichzeitig sind die Aspekte Verdichtung und Überlagerung
hinzugekommen, wodurch die Dimension und damit Bedeutung der Wahrnehmung
einen anderen Stellenwert bekommen hat.
Von den Titeln „Raum der Sehnsucht“ (OSTRALE`09) und „Raum des Glaubens“
(OSTRALE`010) ausgehend, vermutet man eine Verbindung der beiden
Arbeiten?
Beide Titel deuten an, dass es sich um eine ganzheitliche Arbeit handelt in die der Besucher bei Betreten des Raumes eintaucht.
Der Raum verliert hierbei die neutrale Funktion eines Ortes der
Präsentation und wird wichtiger Bestandteil der Skulptur und somit des
Inhaltes. Die Arbeiten haben jedoch keinen bewussten, inhaltlichen
Zusammenhang.
„Raum des Glaubens“ war eine extrem zeit-und energieaufwändige Arbeit.
Sie haben im Rahmen des Künstlercamps der OSTRALE`010 drei Wochen lang
die Arbeit entwickelt. In wie weit hat sich die Idee der Arbeit im Laufe
des Entstehungsprozesse verändert?
Die Grundidee habe ich im Vorstadium speziell für und mit diesen Raum entwickelt.
Während der 3-Wöchigen Realisierung wuchs die Arbeit und ergaben sich
Gesamt-Proportionen und Anzahl der Bruchstücke. Die fieberhafte Arbeit
wurde durch den Wachstumsprozess tagtäglich belohnt.
Die gebäudlichen Strukturen des historischen Erlwein Schlachthofes
fordern den Künstler sowohl technisch als auch mental heraus. Mit
welchen Hindernissen oder Zweifeln waren Sie konfrontiert und wie haben
Sie diese aufgelöst – oder eben nicht?
Vieles ergibt sich während der Arbeit am Raum. Nicht Alles jedoch.
So weiß man erst ganz am Schluss ob eine Arbeit tatsächlich so
funktioniert wie man sie sich vorstellt. Wirkt das Material in diesen
Räumen, welche Proportionen brauche ich, wie hoch muss die Arbeit
hängen, wie muss sie beleuchtet werden - es gibt viele Fragen die
begleitet werden von Zweifeln. Letztendlich finden sich die Antworten auf all diese Fragen nur im Raum selbst.
Um zu erfahren, wie Material und Raum aufeinander reagieren habe ich erst viele Scherben auf dem Boden des Raumes ausgelegt. Um die richtige Mittelachse zu finden spannte ich eine Schnur quer durch
den Raum die ich stets veränderte bis sie stimmte. Die
Gesamtproportionen des Projektils habe ich anfangs mit Hilfe heller
Kieselsteine und später vereinzelte Scherben angedeutet. Es ist ein
langsames Herantasten der Arbeit, ein schöpferischer Prozess.
Raum des Glaubens war eine große mentale und praktische Herausforderung.
Sie waren 2010 bereits zum dritten Mal als Künstler bei der OSTRALE vertreten? Wird das nicht langweilig?
Nein absolut nicht. Dies, da zur Ostrale unterschiedlichste Räume und
Atmosphären gehören, die mich als Künstler immer wieder neu
herausfordern.
Was war Ihr überraschendster Moment im Rahmen der OSTRALE`010?
Die Ostrale steckt voller Überraschungen.
Welche Projekte warten auf Sie?
Ich bin momentan dabei eine eine große Nest- Konstruktion aus Stahl zu
entwerfen. Diese Skulptur wird auf der Ecke eines Flach-Daches eines
3-Stöckigen Gebäudes in Apeldoorn/NL balancieren.
Herzlichen Dank.
Das Gespräch führte Anne Müller.
Andreas Hetfeld
Geboren 1965 in Reutlingen (D). Nach einer Ausbildung zum Feinmechaniker
und Technischer Oberschule (1984-89) Studium der Kunsttherapie an der
Universität Arnhem-Nijmegen (NL) (1990-94). Anschließend Studium an der
Hochschule der freien Künste in Arnhem (1995-96). 1998 Artist in
Residence im ArToll Labor, Bedburg-Hau (D). 2001 erhält er das Gelderner
Turmstipendium, Stadt Geldern (D). Seit 1995 zahlreiche Einzel- und
Gruppenausstellungen in Amsterdam, Nijmegen, Breda, Belgien, Emmerich,
Köln, Kassel, Doornenburg, Tilburg, Perm (RUS), Wageningen, Antwerpen,
Moskau, Dresden und Maastricht. Andreas Hetfeld lebt und arbeitet seit
1990 in Nijmegen (NL).
Preise & Stipendien
- Publikums- Preis der OSTRALE Dresden 2010, Zentrum für zeitgenössische Kunst, Raum-Installation: »Raum des Glaubens«
- Publikumspreis der Kunstveranstaltung Menu 2010 in Nord-Limburg/NL,
Skulptur: »Trojan Chicken« mit Suus Baltussen, Oktober 2010
- Publikumspreis der Stadt Veghel, Permanentes Kunstwerk: »Die grüne Begegnung«, Realisierung März 2010
- STESAD Jury - Preis der OSTRALE Dresden 2009, Zentrum für zeitgenössische Kunst, Raum-Installation: »Raum der Sehnsucht«
- Geldener Turmstipendium, Geldern/D 2001
- Artist in residence / ArToll - Labor, Bedburg-Hau/D 1998
www.hetfeld.nl